Dich nehm ich bis nach Kanada ,,Crappy''

An unserem Zero in Big Bear konnten wir einkaufen, meine Zeltstangen im Post-Office abholen (welche dank msr ins falsche Post office geliefert wurde, arrghh!!! ) ansonsten hängten wir nur rum. Es gibt nichts tolles als einfach rumzuhängen.

Am Abend gingen wir mit Deonte (dem Typ von der Lodge) auf dem Big Bear Lake Kanufahren. Für einmal wurden also unsere Arme trainiert und nicht nur unsere Beine. Eine gelungene Abwechslung also. 

Am nächsten Morgen zogen wir wieder weiter. Ich hatte einen richtigen Drang wieder zu laufen, sehnte mich nach der Natur und dem alleine sein. Ich freute mich richtig auf den Trail. Eine weitere Woche ohne Dusche und jeglichen Luxus klang vor einigen Tagen noch nach einer Horrorvorstellung und jetzt freu ich mich darauf? Really?

Eine wunderschöne Aussicht über den Big Bear Lake erwartete uns. Endlich mal ein bisschen flach, nicht immer nur hoch und runter. 

Am Abend haben wir ein wunderschönes Camp gefunden am Deep Creep. Die letzten Tagen schlief ich ohne Raincover nur mit dem Insekten-Netz und konnte die Sterne beobachten. Es gibt wohl kaum was Schöneres. 

Nun zu meinem Zelt: Nachdem meine Zeltstangen nun also nach fast drei Wochen hin und her ins falsche Post-Office geliefert wurden und mich stolze 180 Dollars ärmer gemacht haben, entpuppten sie sich beim aufstellen des Zelts als die falschen. 

Es sind Stangen für ein 2er Zelt und ich hab ein Einerzelt. Danke dafür Msr! 

Ok, ich konnte einige Stangenteile entfernen und zurechtsägen (sorry an mein Victorinox) uns so stand mein Zelt schliesslich,, Crappy as hell'' flackert es im Wind und wortwörtlich hat es eine Schraube locker, noch schlimmer als vorher. Doch die alten, kaputten Zeltstangen waren schon auf dem Weg nach Hause. 

Als ich also mein,, Crappy''(so heisst mein Zelt jetzt) so anschaute, konnte ich gewisse Parallelen zu mir selbst feststellen. Ich bin ja schliesslich auch alles andere als Perfekt. Dann musste ich plötzlich laut lachen und sagte zu Crappy: ,,Und wir zwei gehen zusammen nach Kanada, grad äxtra!''

Vielleicht ist es nur Einbildung aber ich finde ich schlafe besser seit ich mich mit Crappy versöhnt habe. 

Am nächsten Tag kamen wir bei echten, natürlichen Hotsprings vorbei. Mitten in der Wüste waren da plötzlich verschiedene Pools mit unterschiedlich warmem Wasser. Dies war natürlich eine Wohltat für unsere verspannten Muskeln und stinkenden Füsse.

Heute führte uns der Pct erstmals durch eine nicht so schöne Gegend. Mehr oder weniger entlang des Highways und so hitchhikden wir - anders als geplant nach Wrightwood. So haben wir zwar einige Meilen übersprungen, aber mittlerweile hab ich andere Prioritäten als jeden einzelnen Meter des Pct s zu laufen. Es geht mir auch darum die Towns zu sehen und vorallem Spass zu haben. Nicht das ich jetzt bei jeder Gelegenheit hitchhiken würde aber ich mach einfach je nach Lust und Laune.

Auf dem Trail kommen mir manchmal so Gedanken... Da kommen mir Menschen in den Sinn... Unglaublich... Welche die schon lange kein  Teil meines Lebens mehr sind, Gäste aus der Gastrozeit, Arbeitskollegen, Familienmitglieder einfach irgendwie Alles... 

Das ganze - Vorsicht ich werde emotional - geht sehr tief. Manchmal heule ich tagelang unter meiner Sonnenbrille. Vor Freude, aus Trauer. Schreie vor Wut. Whatever. Die Kombination aus gesunder Erschöpfung, der wunderbaren Landschaft und z.T. Von Musik macht mich irgendwie ein bisschen touchy. 

Ich habe sehr viel Zeit alles zu hinterfragen. Wieso will ich gewissen Menschen eigentlich gefallen? Muss ich in eine Schublade passen? 

Manchmal kommen mir Szenen aus meiner Kindheit in den Sinn. Wenn ich auf einer fast überfälligen Klippe laufe und mir fast in die Hosen scheisse, höre ich meinen Vater sagen-wie als ich das erste Mal eine Leiter bestiegen habe:,,Muesch eifach nid achäluegä''. Damals so unbedeutend und heute überlebenswichtig. 

Ich höre meine Mutter sagen: ,,Verurteile Niemand, Jedä het sis eignet Ruckseckli z trage. '' Es ist so - Im echten Leben und sinnbildlich dafür auf dem Trail. 

Seit ich auf dem Trail bin liebe ich meinen Körper, er ist was wunderbares. Er sagt mir genau was er braucht, ich kann ihm vertrauen, und ich hab das Gefühl wenn ich auf ihn höre kann mir gar nichts passieren. Ich lasse die Finger von der,, Hiker-Droge'' Ibuprofen (auch Vitamin I genannt) welche schmerzlindernd und endzündungshemmend wirkt. Da beisst ich lieber einmal mehr in meinen Schlafsack, als meinen Körper so zu verarschen. 

Hier in Wrightwood gibts weder einen Campingplatz noch ein spezielles Hostel für Hiker. Aber es gibt verschiedene Trail angels die Hiker bei sich wohnen lassen. Wir sind bei Diana und Ken gelandet. Ein supercooles, älteres Ehepaar welches uns gratis bei uns wohnen lässt und mit der typisch amerikanischen suchen Gastfreundschaft jeden Wunsch von den Augen abliest.

What a life.