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Arby - Nicht jetzt

Nachdem ich eine geschlagene Stunde auf mein Frühstück gewartet habe, konnte ich bin endlich losfahren. Heute waren es nur knapp 70 Kilometer bis zur nächsten Lodge. 

Wieder sind viele Betrunkene in den Dörfern .

Die Menschen aber sind nett zu mir. In einem kleinen Dorf fand ich einen älteren Mann an der Nähmaschine sitzend vor.

Er verkaufte süsse selbstgenähte Babykleider. Ich kaufte ihm Drei Stück für gesamt 30 Kwacha also 1.50 CHF ab.

In der nächsten Zeit werden wohl einige kleine Babys in bunten, afrikanischen Kleidern herumlaufen in der Schweiz. 

Immer und immer wieder fahre ich zum Horizont und dann nochmals und nochmals.

Es herrscht wenig Verkehr und die Strasse ist gut ausgebaut.

Ganz angenehm so zu fahren. Ich komme in die Trance, die ich beim Laufen oft habe. Nennt man das nun bikers high?

Jedenfalls habe ich Ruhe und Zeit.

Ist es eigentlich ein Selbstgespräch wenn ich mit Arby rede?

Oft schaue ich zu ihm runter, sehe den Hakuna Matata Aufkleber, und lächle in mich hinein.

Scheisse, was haben wir nun schon zusammen erlebt.... Ich kenne jedes Geräusch von ihm und er wohl jedes Gestöhne und Gefluche  von mir... 

Ich weiss, dass Arbys Kette im 8. und 9. Gang jeweils springt.

Ich weiss das die Hinterbremse ziemlich lasch ist weil sie sonst schleift. Das "Näggi" an Lenker von der Überfahrt nach Zanzibar. Der billige Gepäckträger, der zu meinem Erstaunen immer noch gut durchhält.

Die Pedale, die rund laufen, wie noch nie nach der Kugellager-Reparatur in Mbeya. 

Ob sich Arby wohl an meiner Playlist nervt?

Naja, der Hamster 🐹 im Vorderrad dreht jedenfalls munter weiter.

Es hat drei Länder gedauert, bis ich die symbolische Message dieses Dings verstanden habe. Meiner dreht rückwärts... Weil er es kann und der Hamstergesellschaft trotzt. 

Ich bin nun in Luangwa Bridge. Einem kleinen, schmutzigen Ort. Ja, ich denke es ist der schmutzigste den ich in Zambia gesehen habe. Ein riesiger Abfallberg umzäunt die Strasse. Die Menschen sind aber freundlich.

Heisses Wasser und Wet-Wipes bekommt man hier allerdings Nirgends.

Ich bleibe in der einzigen Lodge in diesen Dorf. Ich schlafe dort in deren Shelter.

Denn die Zimmer haben weder Toilette noch Dusche. In Shelter bin ich überdacht und habe Strom. 

Ich wusste die nächsten Tage werden sehr anstrengend werden.

So bereitete ich Arby darauf vor und bat ihn in den nächsten Tagen doch bitte durchzuhalten, denn auf der Landkarte ist Nichts. Nördlich ein Game-Reserve südlich ein Nationalpark und meine Strasse einsam und verlassen durchs Nichts. 

Nach nur 20  Kilometern dann ist es passiert... Arbys Kette riss. Das Kettenschloss ist aufgesprungen. 

Nein, Arby bitte nicht heute... 

In brühender Hitze reparierte ich also Arbys Kette in mitten vom Nichts. 

Immerhin die Zwei Trucks die mich in dieser Zeit passiert hatten, boten ihre Hilfe an. 

Da ich aber Erfahrung im Kette reparieren habe, war dies nicht nötig. 

Die Landschaft ist unglaublich schön, aber es  scheint Heute nur Aufstiege zu geben. Mein Körper ist müde, von den letzten Tage und mein letzter Zero-day ist schon lange her.

Lodges gibt es weit und breit keine und bis nach Lusaka sind es immer noch 160 Km.

Am Strassenrand fand ich dann ein inoffizielles Restaurant. Dort darf ich im Hinterhof campen. Das Geschwisterpaar vor Ort, ist bemüht alles sauber zu machen. Sie bereiten mir sogar eine Bucket Shower vor.

Ebenfalls bereiten sie mir ein Abendessen zu. Maccaroni mit der besten, selbstgemachten Tomatensauce und Drei hart gekochte Eier. 

Die Sonnenuntergang hier in Afrika sind einfach wunderschön. Tiefrot zwinkert die Sonne durch die Zweige der Bäume bevor sie sich für die Nacht verabschiedet. 

Abgelöst wird sie wenige Augenblicke später von einem überwältigendem Sternenhimmel. 

Ich liege auf dem Rücken, starre nach oben in den Sternenhimmel, denke über mein schönes Leben nach und geniesse den Augenblick. 

Am Morgen erlebte ich zum ersten Mal nasses Gras (ausser auf dem Mt. Kenya oder wenn es Nacht über geregnet hat) 

Ich wusste aber, dies würde auch Heute wieder schnell trocken. 

Heute Morgen war ein Start zum vergessen. 

Das heilige Kaffee Wasser (letztes Wasser, letztes Gas) ist mir vom Kocher gefallen. Ich stolperte gefühlt 20 Mal übers Zelt und schlug meinen Kopf mehrmals am Strohdach des Unterstandes. Beim Zelt zusammenpacken vergass ich erst die Stangen und dann noch mein Innenzelt in den Packsack zu stopfen. 

Dinge die ich mittlerweile eigentlich im Schlaf machen kann... 

Ja, auch unterwegs gibts diese Tage, wo man am besten nichts weiter unternehmen sollte, weil es sowieso zum Scheitern verurteilt ist. 

Auch deshalb nahm ich mir vor, Heute einen gemütlichen Tag einzulegen. 

Entweder werde ich in das nur etwa 20 Kilometer entfernte Dorf radeln, oder mir einen Hitch suchen. 

Ich tat beides... Ich fuhr bis ins nächste Dorf und weil es noch so unglaublich früh war, versuchte ich mein Glück und eines der wenigen Autos stoppte gleich. 

Es war ein grosser Jeep mit Gemeindearbeitern. Eine Frau und einen Mann begrüssten mich. Die Frau war nicht begeistert davon mich mitzunehmen. 

Meine Theorie; Sie steht auf ihren Arbeitskollegin und wollte mit ihm alleine im Auto sitzen. Der Mann aber, hielt links an, stieg aus und begann den Kofferraum freizumachen. Wir konnten Arby und das Gepäck sogar komplett darin verstauen und sie brachten mich nach Chongwe. 

Chongwe ist ein relativ grosser Ort. Ein grosser Ort in Zambia hat ein Choppies (grosser Einkaufsladen). Viele kleine Geschäfte und einen Markt. 

Ich fand eine schöne Lodge. Mit AC, Kühlschrank, Dusche und sogar einem Wasserkocher als ich danach fragte. 

Genau das, was ich nach diesen Tagen brauche. 

So legte ich also einen Nero-Day ein hier in Chongwe und tat nicht viel als Schlafen und Essen und den Markt erkunden. In einem sehr westlich aussehenden Fahrradgeschäft, das gleich neben meiner Lodge war, kaufte ich noch einen Reserveschlauch. 

Am nächsten Morgen beschloss ich gar noch eine Nacht länger hier zu bleiben. Ich merkte regelrecht, wie mir die Ruhe gut tat.

Einfach nichts tun war heute für mich also auf dem Programm. 

Als ich per Zufall nochmals die Grösse auf meinem neu gekauften Schlauch checkte, stellte ich fest, dass dieser der Grösse 28 war. Ich brauche aber einen 26 Zoll und haben dies auch so gesagt. 

Ich ging also ins Geschäft zurück und bat um einen Umtausch. Leider hatte er keinen 26er da und er gab mir stattdessen immerhin das Geld zurück. 

Später auf dem Markt, fand ich noch etliche Shops und Marktstände mehr als gestern. 

Ich liebe ja diese bunten, chaotische, afrikanische Märkte. Man biegt in eine kleine Nebengasse ein, wo man eigentlich nichts mehr erwartet und dann ist man in einer komplett anderen Welt. Es scheint fast so, als wären diese Märkte nicht für jedes Auge bestimmt und vielleicht hat dies zum Teil auch seine Gründe. 

Jedenfalls fand ich einen Velohändler der Pneus und Veloschläuche verkaufte. 

Ich fragte ihn, ob wir einen Tausch machen können. 

Mein Ersatzpneu den ich in Nairobi gekauft habe und mittlerweile montieren musste, war viel zu grob um damit lange auf dem Asphalt zu fahren. Zu viel Wiederstand. Ich erfragte, also den Velohändler um einen Tausch und dieser meinte, ich solle doch mit dem Pneu vorbeikommen. 

Gesagt, getan. Und tatsächlich konnte ich den Deal machen. 

Ich tauschte meinen Pneu, den ich nun immerhin etwa 500 Kilometer gefahren habe zu einem neuen, glatteren, schnelleren Pneu um. Zudem kaufte ich einen 26er Schlauch. Endlich konnte ich auch meine Hinterbremse besser einstellen. 

Es hat nur etwas Geduld benötigt. Afrikanische Geduld. Die hab ich ja mittlerweile. 

Auf der 60 Kilometer langen Strecke nach Lusaka spürte ich den Unterschied des Pneus deutlich. Bereits als ich die Vorstadt von Lusaka erreichte, konnte ich erkennen, dass dies wohl eine ziemlich moderne Stadt sein wird. Viele Shoppingmalls bereits am Eingang der Stadt. Ich checkte mehrere Game-shops und die anderen Läden der Malls nach Gas. Den mir wurde einmal mehr gesagt, dass ich nun hier in Lusaka wirklich wirklich mein Gas bekommen sollte. 

Aber wieder nur lange Blicke der Angestellten - " und kein Gas. 

Einen feinen europäischen Milchkaffee bekam ich aber und genoss ihn sehr. 

In Lusaka habe ich einen Host. Eine Marokkanerin Namens Lalla. Sie besitzt ein eigenes marokkanisches Restaurant. Youssef , natürlich Youssef... hat mich ihr vorgestellt. 

Ich machte mich also auf den Weg dorthin. 

Ich sah nun einen neuen Laden. "Builders" heisst dieser. Sieht nach einem Baugeschäft aus. Naja, versuchen kann ichs ja. Bevor ich all die Regale durchforstete, fragte ich gleich einen Angestellten. Denn die Läden hier sind - für uns Europäer jedenfalls - nicht immer ganz logisch aufgebaut. Vieles ist auch gar nicht erst ausgestellt und bekommt man nur wenn man nachfragt. 

Der Typ führte mich zum Gas. 

Meine geschulten Augen sahen gleich eine neue Variante von Gaskartusche. 

Tatsächlich - es war das Campinggas mit Drehadapter, welches ich für meinen Kocher benötige. 

Scheisse, seit Nairobi suche ich also nun dieses Gas und konnte es nirgends finden. Nichtmal auf einem afrikanischen Hinterhofmarkt. Ich hätte losheulen können vor Freude. 

Völlig beflügelt von diesem Erlebnis, radelte ich nun die letzten Kilometer zu Dar Lallas und fand eine wunderschönes Restaurant mit riesigem Garten vor. Lalla ist eine junge, hübsche Gastgeberin. Sie zeigte mir ein wunderschönes Zimmer wo ich die nächsten Tage verbringen kann. 

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Therese (Freitag, 31 Dezember 2021 12:34)

    Liebi Sandra, mir wünsche dir e gueti Fahrt is nöie Johr mit viele witere schöne Erläbnis. Blib gsung.
    LG Peter und Therese

  • #2

    Chrigel u Vers (Freitag, 31 Dezember 2021 14:14)

    E gueta Rutsch i ds niuwa Jahr!
    Liebi Griess us Grindelwald

  • #3

    Adam (Montag, 03 Januar 2022 20:38)

    It's so cool to read your posts!
    I am so sad that I was one of the people who said "are you not afraid, Africa is not safe!"
    You are proving me wrong!

    Damn, such a trip! I have to go somewhere soon as well, you inspired me!

    Good luck :*