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Mit etwas Rückenwind kann man einem wütenden Elefanten entkommen

Als ich Heute in Nata aufwachte, habe ich mich für etwas entschieden. Für etwas Grosses. 

Ich werde nicht, wie bisher geplant von Namibia zurückfliegen - sondern werde bis ganz in den Süden nach Cape Town, Südafrika radeln. Ich buchte mir einen unglaublich günstigen Flug von Cape Town nach Zürich am 5. April. 

Ich habe nun also ein Datum und einen Ort, welcher mein Ziel definiert. 

Wenn alles so läuft wie bisher, werde ich die 2500 Kilometer bis dorthin gut schaffen. 

Warum ich mich dafür entschieden habe? 

Namibia ist zu nah (zeitlich und geographisch) um aufzuhören. Es ist für mich nicht ein guter Abschluss meiner Reise. 

Ich will nicht, dass mein Abenteuer endet. Mit Cape Town habe ich ein ambitioniertes aber auch ein für mich stimmiges Ziel. 

Schliesslich bin ich dann vom Äquator wortwörtlich durch halb Afrika geradelt. 

Alles stimmt für mich... Und dann bin ich (vielleicht) auch bereit nach Hause zu kommen. 

Heute hatte ich auch schon ein ziemlich ambitioniertes Ziel, schliesslich sind es bis zum Camp Planet Baobab über 100 Km. 

Alles flach und endlich hatte ich den Wind im Rücken. Es fuhr sich wie von selber. Einzig gab es zwei Abschnitte von jeweils etwa 2 Kilometer, wo die Strasse voller Schlaglöcher und nicht asphaltierte war. 

Zum ersten Mal in Afrika, fahre ich also auf einer Strasse wie man sie sich vorstellt, wenn man an Afrika denkt. Grosse Wildtiere habe ich Heute keine gesehen. 

Es scheint als würde das Inland für die Landwirtschaft genutzt. Jedenfalls sah ich zwischendurch Rinder, Esel, Ziegen und Pferde. Ich denke für Ackerbau ist das Klima nicht ideal. 

Wieder war ich aber alleine unterwegs. Nicht Mal mehr Trucker sind auf dieser Strasse zu sehen. Die fahren wohl alle den direkten Weg nach Südafrika und zurück - Macht ja auch Sinn... 

Planet Baobab ist ein wunderschönes Camp mit Pool und auch hier bin ich alleine. 

Ich nutzte den Pool. Auch für Aby gab es Heute wiedermal ein kleines Wellnessprogramm. Ich reinigte die Kette. Funktioniert gut mit Sanitizer... 

Der Rückenwind meint es gut mit mir. Wohl der ganze Weg nach Maun. 

Es ist weiterhin flach und ich komme gut vorwärts. Auch heute habe ich keine Elefanten gesehen - dafür Giraffen und Strausse. 

Der nächste kleine Ort mit einer Unterkunft ist 130 Km entfernt - wenns irgendwie geht, werde ich die Strecke versuchen zu unterbrechen. Tatsächlich etwa in der Hälfte der Strecke kam ich zu einem Gate zu einem Nationalpark. Erst wollte ich nur eine kleine Rast dort machen - dann aber fragte ich die Dame im Office ob ich auch hier campen dürfe. 

Sie willigte ein und ich bekam sogar ein eigens eingezäuntes, überdachtes Areal. Es war Wasser vorhanden. Hier in Botswana wo das Wasser wieder durchsichtig ist... Ich glaube, ich habe hier in Botswana noch kein einziges Mal auch nur daran gedacht das Wasser zu filtern. Ich schlief also sicher irgendwo in mitten von Nichts zwischen Nata und Maun. 

Am Morgen als ich noch total verschlafen auf die Hauptstrasse einbog, sah ich bereits zwei Elefanten. Der eine rannte aus dem Gebüsch und verfolgte mich. 

"Scheisse meine Muskeln sind noch kalt so früh am Morgen" 

Ich trat in die Pedale wie ich es noch nie getan hatte. Nicht Mal als ich damals den Massai-Kindern entkommen wollte in Tanzania. 

Der Elefant hob den Rüssel und schnaubte mir nach... 

Fazit: Mit Rückenwind und flacher Strasse, kann man einem wütenden Elefanten entkommen. Auch wenn die Muskeln noch kalt sind. 

Mir zitterten die Knie noch 10 Kilometer später. 

Wieder passierte ich einen Elefanten. Ich hätte ja ein Fahrzeug abgewartet, welches mich begleiten kann - nur kam Keines. 

Gestern sah ich Drei Autos und Heute nur Zwei. Sie sind seltener als Giraffen und Elefanten. 

Ich beschloss die nächste Nacht in Motopi zu verbringen. Dies ist ein kleines Dorf, etwa Fünf Kilometer von der Hauptstrasse entfernt. 

Als ich gerade die sandige Strasse zu einem kleinen Laden einbog und Arby wieder Mal durch den Sand zu schieben begann, hielt ein weisser Pick-up neben mir und eine weisse Frau sprach mich an, ob ich Hilfe benötige. 

Ich erklärte ihr, dass ich nur kurz in den Shop gehen und mich dann nach einer Unterkunft umsehen würde. 

Sie informierte mich, dass die Lodge aus Google Maps nicht so wirklich existierte und bot mir an Heute bei ihr zu schlafen. 

Wir fuhren also zu ihrem Haus. Es gehörte einst ihrer Mutter. Vier Arbeiter sind vor Ort und erledigen Arbeiten rund ums Haus. 

Colize erklärte mir, dass sie gerade einen Campingplatz am herrichten sind. 

Wir besichtigten die Baustelle und es wird ein wunderschöner Platz geben. 

Nah am Fluss mit Hippos und Krokodilen. 

Die Arbeiter haben zwei WC und Duschhäuschen eingerichtet. Allerdings sei  auch hier eine Black Mamba am herumstreichen. 

Unfreiwillig wurde ich darüber informiert, dass man nach einem Biss dieser Schlange nur noch Sechs Minuten zum Leben hat und es eine der wenigen Schlangen sei, die Menschen aktiv angreifen würden...

Ach, manchmal ist es definitiv besser, wenn man nicht alles weiss. Ich hab doch extra nicht gegoogelt... 

Wir verbrachten einen schönen Abend mit gutem Fleisch vom Lagerfeuer. 

Kaum hatte ich Motopi den nächsten Tag verlassen, begann es zu regnen an. Meine Stimmung war schon nicht sonderlich auf der Höhe nach dem ich Arby die 2 Km durch den Sand geschoben und mir am Dornengebüsch die Haut und Kleider aufgerissen habe. Nun also noch Regen? 

Über Mosamique, Malawi und Zambia zieht gerade ein Tropensturm hinweg. In diesen Ländern gab es sehr viele Überschwemmungen. Hier in Botswana fühle ich nun wohl noch die Ausläufer dieses Sturms. 

Wie gesagt; Stimmung nicht sonderlich hoch, als ich merkte, dass ich wohl schon wieder etwas wenig Luft im Hinterrad hatte. 

Einmal mehr wechselte ich also den Schlauch. Einmal mehr im Regen. Stimmung ist übrigens  immer noch nicht sonderlich angestiegen... 

Wenigstens war ich nicht die Einzige die Pannen hatte. Ich wechselte mich nämlich mit einem Minibus ab, welcher ebenfalls immer wieder stehen blieb. 

Immer wieder überholten wir uns gegenseitig. Einmal half ich ihnen mit meinem Werkzeug aus. Einmal mit einem Liter Wasser. 

Ich werde die Nacht im Drifters Camp verbringen Heute. Nur kurz vor Maun. Auch hier schiebe ich Arby durch 2 Km schweren Sand. Als ich gerade wieder leise in mich hineinfluchte. Vielleicht war es auch nicht so leise... Traf ich auf ein Schild, welches mich zum Lachen brachte. 

"Kick off your shoes... Aaah you're almost there"... 

Noch selten war ein Schild eines Campingplatz es so passend. Wenigstens hat der Camping-Besitzer Humor, dachte ich mir... Ach Botswana, Du mir deinen Sandpisten... 

Die Wolken wurden schon wieder dunkel und ich rettete mich gerade noch halbwegs trocken unter das Dach der Reception. 

Keiner da. 

Ich beschloss es mir hier trotzdem schon Mal gemütlich zu machen. Denn Heute werde ich ganz sicher Nirgends mehr hingegen... 

Falls niemand hier auftauchen würde, würde ich einfach hier campen und Morgen wieder weiterziehen. 

Der Besitzer kam dann aber einige Stunden später tatsächlich zurück und er liess mich sogar unter dem Dach campen. So stellte ich wieder nur mein Moskitonetz auf und schlief trocken. Gemütszustand wieder hergestellt. 

Zu einem leuchtenden Morgenrot über dem Fluss Boteti wachte ich gerne auf und nahm die letzten Kilometer nach Maun unter die Räder. Colize gab mir den Kontakt einer Freundin, die in Maun lebt. Ich könne die Zeit, die ich in Maun sei, bei ihr verbringen. 

Ihr Name ist Jen und es ist eine der coolsten Frauen die ich jemals getroffen habe. Sie lebt in einem Häusschen etwas ausserhalb von Maun mit Sechs Hunden, Drei Katzen und vielen Hühnern, ist ständig am fluchen hat aber ein Herz aus Gold. 

Sie ist sozusagen mich in 20 Jahren. 

Sie arbeitet als Travel Agent und kann mir so viele Tipps über die Region geben. 

Ich kann hier in einem eigenen kleinen Studio neben ihrem Haus wohnen. 

Heute kümmerte ich mich um Arby. Nach der PCT Strecke von 4300 Km (welche ich Heute geknackt habe und Scheisse ist das weit!) dachte ich mir, es wäre an der Zeit Arbys Kette zu wechseln. Dies war schnell erledigt. Dabei stellte ich allerdings fest, dass zwei Speichen meines Hinterrads lose sind. Dies ist ausschliesslich nur, weil die Afrikaner mein Bike ständig irgendwo hinschieben wenn es irgendwo steht und nicht begreifen, dass es abgeschlossen ist. So reissen sie mir mit dem Schloss die Speichen raus. Oh wie ich es hasse, wenn jemand Arby berührt. Noch Schlimmer sind nur noch die, die die Gänge wechseln ohne dabei zu fahren. Oh wie ich es hasse! 

Kleiner Exkurs:

Es sind die gleichen Menschen die beim Autofahren die Räder einschlagen um in ein Park Feld kommen ohne dabei mit dem Fahrzeug in Bewegung zu sein. 

Ich kann nicht ausstehen! An all die Typen die mich mal ins Kino gefahren haben. Dies war der Grund, wieso ihr nie mehr was von mir gehört habt. 

Wer so gefühlslos Autofährt...der wird auch eine Frau nicht richtig behandeln können... 

Das Gute ist ja, die Afrikaner biegen wortwörtlich wieder gerade, was sie verkackt haben. In diesem Falle also meine Speichen. 

Am Nachmittag nahm mich Jen mit in Town und wir suchten einen Typen der mir einen  Pneu verkauft (Um meinen Vorderpneu auch mal auszutauschen) und der die Speichen meines Hinterrades reparieren kann. 

Gar nicht so einfach hier in Maun. Niemand verkauft Pneus. Niemand repariert Räder. 

Aber wir sind in Afrika und nach etwas rumfragen, fanden wir wieder einen Typen am Strassenrand der Fahrräder verkauft und mir mein Hinterrad bis am nächsten Tag reparieren will. Läuft. 

Tatsächlich hat Maposa der Biketyp in Maun mir mein Hinterrad komplett neu und perfekt ausgerichtet, die Speichen gespannt und mir sogar einen neuen Pneu montiert. 

Ebenfalls könnte ich ihm noch einen neuen Pneu für mein Vorderrad abkaufen. So hat Arby also in Maun eine neue Kette, zwei neue Pneus und das Hinterrad gespannt bekommen. 

Wir sind also ready für die Fahrt nach Namibia. 

Die nächste grosse Stadt wird für uns Windhoek sein. Diese ist fast 1000 Kilometer von hier entfernt. 

Den Nachmittag und Abend verbrachten Jen und ich dann bei ihren Freunden. Auch Colize war da. 

So fand ich mich also inmitten der 68-Generation wieder und es wurde viel geredet, getrunken, geraucht und gelacht. 

Craig ein Nachbar kam vorbei. Er begann in der Coronazeit mit einem neuen Hobby; er schmilzt alte Bierdosen ein und formt daraus wunderschöne Sachen wie zum Beispiel Besteck, Salatschüsseln und Serviettenhalter. 

Ich war begeistert und kaufte ihm ein Salatbesteck-Set ab. 

Alles davon ist recycelt. Um die Dosen zu schmelzen wechselte er sogar auf altes Motorenöl statt Gas. Ich liebe solche Ideen einfach und das Zeug sieht echt superschön aus. 

Es gibt zwei Arten von Menschen und dies kam besonders in der Covid-Zeit extrem stark zum Vorschein. Es gibt die, die herumheulen und es gibt die, die was daraus machen. 

Die Letzteren haben es so viel einfacher in der Coronazeit-und im Leben. 

Jedenfalls artete unser Abend zu einem gewissen Zeitpunkt etwas aus und ich wurde zur Fahrerin des heutigen Abends auserkoren.

So sah ich mich also in einem rechtsgesteuerten Pajero Jeep auf einer unübersichtlichen Sandpiste voller Schlaglöcher wieder. 

Jen, die mit einem Glas Wein neben mir sass wusste den Heimweg nicht mehr, versicherte mir aber stets, dies sei kein Problem, wir könnten einfach die ganze Nacht rumfahren ich solle doch jetzt aber den Fuss vom Gaspedal voll runterdrücken. 

Sie ist eine so liebenswerte Person und nach paar Gläser Wein einfach zum todlachen.

Irgendwie fand ich aber tatsächlich Jens Haus in der Dunkelheit. 

Für viele Besucher von Maun ist sicher das Okavango Delta das Highlight. Dies ist sicherlich auch wunderschön und eindrücklich zu sehen. Leider finden momentan leider absolut keine Touren statt. So bleibt mir ein Besuch im eigentlichen Delta für dieses Mal verwehrt. 

Mein Highlight von Maun sind aber sowieso die Menschen die ich hier kennengelernt habe. Colize, Jen, Craig und alle anderen. 

Dies ist meine Art zu reisen. 

Go with the flow... Und es wird gut werden. 

Und es ist sowas von gut... 

 

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